Deutschlands Kioske und Zeitungsauslagen gleichen einem Blätterwald – trotz Smartphone und Tablet-PC. Ob Zeitschriften, geschäftliche Vorgänge, Bücher oder Liebesbriefe – Ein Leben ohne Papier? Undenkbar. Doch woher kommt eigentlich das viele Druckerpapier, das wir tagtäglich benutzen? Woher stammen die Rohstoffe für unsere Weihnachtspost? Und: Welchen Herstellungsprozess durchläuft ein gewöhnlicher Schreibblock?
Ihren Ursprung hat die Kunst der Papierherstellung in China. Im späten Mittelalter gelangte sie per Umweg über die arabische Welt jedoch auch nach Europa, wo vor allem Deutschland große Mengen des Werkstoffs benötigte. Schließlich war gerade der Buchdruck erfunden worden.
Nach dem alten Rezept wurde eine Schicht eines mit Wasser versetzten Breis aus zerriebenen Pflanzenfasern mit Hilfe eines Siebs entwässert und anschließend getrocknet, gepresst und geglättet. Dieses Herstellungsverfahren überdauerte mehrere Jahrhunderte und veränderte sich währenddessen kaum.
Ein schneller Wandel vollzog sich, als das Holz für die Papierherstellung entdeckt wurde. Die erste Papierfabrik gründete Nicolas-Louis Robert in Frankreich. Zu einem lohnenden Geschäft wurde die maschinelle Papierherstellung allerdings erst in England, wo Geschäftsleute und Ingenieure Hand in Hand ein tragfähiges Modell entwickelten.
Der wichtigste Primärrohstoff bei der Papierherstellung hat sich
seither nicht geändert. Zur Hälfte aus Zellulosefasern bestehend, benötigt Holz zusätzlich die Bestandteile Lignin und Hemicellulose, die sich wie ein Klebstoff durch die einzelnen Fasern schlängeln und das dichte Gewebe beisammen halten.
Durch die starke Haltbarkeit des Naturklebers ist das Herauslösen der Holzfasern einer der energie- und wasserintensivsten Vorgänge während des Papierherstellungs-prozesses. Sie sind mit einem Anteil von etwa 80% aber auch der wichtigste Primärfaserstoff für Papier und damit sie gewonnen werden können, müssen Holzhackschnitzel über mehrere Stunden mit Lösungsmitteln wie zum Beispiel Natronlauge oder Natriumsulfid auf bis zu 190° C erhitzt werden.
Liegen die Fasern dann allerdings erst einmal vor, können sie dank Recycling bis zu sechsmal wiederverwendet werden. Hier verbirgt sich – direkt nach der Papiereinsparung – die effizienteste Möglichkeit zur Senkung unseres Holzverbrauchs.
Rund 20% des Papiers macht hierzulande der Holzstoff aus, der entsteht, wenn Holz unter Zugabe von Wasser und unter hohem Druck mechanisch zerfasert wird. Bei diesem Prozess werden Lignin und Hemicellulose nicht entfernt, was zwar eine Ausbeute von nahezu 100% nach sich zieht, aber auch einen negativen Einfluss auf die Papierqualität hat.
So vergilben Holzstoffpapiere deutlich schneller und werden außerdem rascher brüchig, sodass ihre Lebensdauer deutlich kürzer ausfällt. Aus diesem Grund werden Holzstoffpapiere oft für kurzlebige
Produkte benutzt, wie zum Beispiel Werbeprospekte oder Tageszeitungen. Besonders gut erkennen kann man den Holzstoff bei gewöhnlichen Bierdeckeln.
Papier ist allgegenwärtig und ein fester Bestandteil unseres Alltags. So notieren wir unsere wichtigsten Gedanken, führen Tagebücher, schreiben Einkaufszettel, benutzen Kalender, verwenden Briefumschläge und Briefmarken – die Liste ließe sich beinahe endlos fortführen.
Bei aller Liebe zu einem der vielseitigsten aller Werkstoffe dürfen wir aber nicht vergessen, dass der Rohstoff Holz einem langen Wachstumsprozess und das Papier selbst einem umfangreichen Herstellungsverfahren unterliegt.
Die ständige Verfügbarkeit von Papier sollte also nicht zur Leichtfertigkeit einladen, sondern zur bedachten Nutzung. Nur wenn wir bereits heute die richtigen Gedanken notieren und alle Stationen der Wertschöpfungskette unter die Lupe nehmen, erhalten wir das Papier auch für kommende Generationen.
Ein Garant dafür sind beispielsweise nachhaltige Qualitätssiegel wie der Blaue Engel oder das FSC-Zertifikat.
Autorin: Sabine Wegner
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