Was haben Dieter Bohlen, Albert Einstein, Johann Wolfgang von Goethe, Klaas Heufer-Umlauf, Scarlett Johansson, Lady GaGa, Paul McCartney, Marylin Monroe, Arjen Robben, Gerhard Schröder, Albert Schweitzer und Bruce Willis gemeinsam?
Richtig, sie alle sind Mitglieder im Club berühmter Linkshänder – wie etwa 20% der Weltbevölkerung. Und was zunächst wie ein Stückchen Mehr an Individualität erscheint, erweist sich auf den zweiten Blick oftmals als Alltagslast.
Linkshänder haben es in unserer rechtsorientierten Welt nämlich schwer. Ob Computermaus, Schere oder Notizbuch: der Alltag ist auf Rechtshändigkeit ausgelegt. Nicht von ungefähr erinnert daran der Internationale Linkshändertag, der seit 1976 jeweils am 13. August gefeiert wird.
An Popularität gewann die Linkshänderproblematik nicht zuletzt durch die US-Fernsehserie The Simpsons. Ned Flanders, der Nachbar der gelben TV-Familie, gründet in einer der Folgen nämlich kurzerhand das Leftorium – ein Geschäft, das ausschließlich Produkte für Linkshänder verkauft.
Das fiktive Leftorium wurde inzwischen Realität, wie Online-Plattformen für Linkshänder beweisen. Dort finden sich sogar auch Schul- und Schreibwaren als „Linkshänder-Sortiment“ sowie Notizbücher für Linkshänder. Gerüchten zufolge gibt es zwischenzeitlich sogar auch Kalender für Linkshänder.
Heute gibt es darüber hinaus wie selbstverständlich auch Linkshänderscheren, Linkshändertastaturen und Linkshänderstifte – auch wenn sie nicht zum Standardsortiment zählen.
Vorurteile, die der linken Hand mangelndes Geschick vorwerfen, erschweren Linkshändern das Leben. Redewendungen wie „Zwei linke Hände haben“ oder „etwas mit links machen“ unterstellen Linkshändern Unzulänglichkeiten
und glorifizieren die Handarbeit mit rechts.
Das ging früher sogar so weit, dass Eltern versuchten, ihre linkshändigen Kinder umzuerziehen. „Nimm doch lieber das schöne Händchen“ lautet ein tadelnder Satz aus dieser Zeit. Dass eine solche Umerziehung große neuronale Schäden anrichten kann, zählt heutzutage eher zum Allgemeinwissen.
Auch in positiven sprachlichen Wendungen steht das Linkshändertum im Abseits: „die rechte Hand von jemandem sein“. Rechts ist richtig und wer etwas falsch macht, ist wohl nur mit dem linken Bein zuerst aufgestanden.
Heutzutage löst ein Linkshänder keine neugierigen oder gar misstrauischen Blicke mehr aus. Im Gegenteil: Wie so oft schlägt das Pendel zur anderen Seite aus. Linkshänder seien besser in Mathematik, könnten besser logisch denken und überhaupt seien sie intelligenter. Die Beweislage? Eher mau.
Überhaupt ist es der Wissenschaft bislang nicht hinreichend gelungen, Linkshändigkeit zu erklären. Theoretisch liegen die Chancen für links und rechts bei jeweils 50%. Wieso also entwickeln sich etwa 80% aller Menschen zu Rechtshändern? Stefan Gutwinski, seines Zeichens Neurologe von der Charité in Berlin, kann zwar nicht erklären, warum die Präferenzen so ungleichmäßig verteilt sind – dafür aber, warum sie überhaupt entstehen.
Es wäre natürlich überaus praktisch, zwei gleich starke Hände zu besitzen. Unser Körper sieht das anders – schließlich werden die Aufgaben auch in unserem Gehirn aufgeteilt, wenn auch nicht so strikt, wie es jahrzehntelang angenommen wurde. Zwar kann man durchaus Unterschiede zwischen den Hirnhälften feststellen. Diese sind aber bei Weitem geringer, als bis dato gedacht.
Betrachtet man das Gehirn genauer, sind Linkshänder auffällig: Der Verbindungsbalken zwischen den beiden
Gehirnhälften – das Corpus callosum – ist in ihrem Fall deutlich voluminöser als normalerweise. Dies lässt zwar auf eine höhere kognitive Leistung schließen – ob Linkshändern wirklich mehr Hirnschmalz zur Verfügung steht, ist bislang aber umstritten.
Welche Hand wir später hauptsächlich benutzen, entscheidet sich wahrscheinlich schon im Mutterleib. So nuckeln Föten häufiger am rechten Daumen statt am linken. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Händigkeit vererbbar ist.
So haben Linkshänder oftmals linkshändige Eltern oder zumindest Mütter. Auch bei Zwillingen ist die eventuelle Vererbbarkeit zu erkennen: Stammen sie aus demselben Ei, benutzen sie mehrheitlich die gleiche Hand, während man dies bei zweieiigen Zwillingen nicht unbedingt beobachten kann.
Besonders interessant: ein möglicher Zeitzusammenhang. Britische Forscher haben festgestellt, dass zwischen März und Juli besonders viele Linkshänder geboren werden. Kann also eine gedrosselte Vitamin D-Bildung während der Wintermonate die Ursache sein?
Oder sind Infekte entscheidend, die im Winter häufiger auftreten als sonst? Linkshänder in den Tropen werden in der Studie nicht berücksichtigt. Handelt es sich also um statistische Artefakte?
Das Thema Linkshändigkeit gilt es noch zu ergründen. Zwar werden Linkshänder längst nicht mehr ausgestoßen oder umerzogen. Wo die Neigung zur „anderen“ Hand herkommt, weiß die Wissenschaft aber noch nicht.
Rein statistisch lässt sich jedenfalls so mancher Zusammenhang nachweisen. Möglicherweise geben die Neurowissenschaften den entscheidenden Aufschluss und können uns in einigen Jahren erklären, warum dem ein oder anderen alles mit links gelingt.
Autor: Richard Kastner
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