Kaum zu glauben, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist. Draußen ist die Geräuschkulisse der Silvesternacht gerade erst verhallt – wo ist die Zeit geblieben? Unters Hamsterrad geraten?
Bald grüßen auch wieder die Jecken und dann steht bereits Ostern vor der Tür ... Sie kennen dieses Gefühl, oder?
Für die meisten Menschen vergeht die Zeit umso rasanter, je älter sie werden – ab dem 40. Geburtstag scheint sie im Turbogang zu fliegen. Allerdings reduziert sich der Beschleunigungseffekt im statistischen Mittel ab dem 60. Lebensjahr wieder.
Einerseits weil zu den Vorzügen des Älterwerdens die Ausprägung einer gewissen Gelassenheit zählt. Andererseits nutzen immer mehr Menschen die frisch gewonnene Freiheit nach den Berufs- und Kinderbetreuungsjahren, um noch schlummernde Potentiale der Persönlichkeit zu entfalten, sprich Neuland zu entdecken.
Als handfesten Reminder und Speicher nutzen viele das klassische Notizbuch, mittlerweile ein Lifestyle-Produkt und Instrument der Slow Media-Kultur, gefüllt mit kreativen Ideen, inspirierenden Zielen und unterwegs Erlebtem ...
Zwar haben wir die Zeit vermessen und auf einen – je nach Kultur – allgemein gültigen Rhythmus getaktet und in Kalender gegossen, doch das subjektive Zeitempfinden folgt anderen Regeln.
Welchen? Das interessiert natürlich auch die Wissenschaft. Eine der Schlüsselfragen: Unter welchen Rahmenbedingungen haben wir das Gefühl, dass die Zeit rast?
Vor allem wenn wir in der Alltagsroutine stecken: Man funktioniert wie eine gut geölte Maschine – im Job, bei den täglichen Besorgungen, im Familienleben ... voll gepackte Stunden, doch kommt man für einen Moment zur Ruhe, blitzt in der Erinnerung nicht viel auf – wieder ein Tag, der sich anfühlt wie im Zeitraffer.
Anders gelagert, doch im Rückblick ebenfalls ein Zeitkiller: Langeweile. Ob monotone Tätigkeiten oder unendliche Wartezeiten, z.B. beim Arzt oder in der Kindheit bis zur Bescherung – im Augenblick des Erlebens scheinen die Uhrzeiger auf Zeitlupe zu schalten, im Nachhinein schmelzen Stunden zu Sekunden.
Das Gegenteil passiert, wenn wir an all die aufregenden Erlebnisse
in der Kindheit und Jugend zurückdenken, wie wir sie oft in Tagebüchern festgehalten und mit unseren Notizbüchern die Zeit vergessen haben. Im Rückblick erscheinen uns die damit verbundenen Zeitspannen wesentlich länger als zum Zeitpunkt des Erlebens.
Denn neue Erfahrungen aktivieren im Gegensatz zum immer Gleichen wesentlich mehr Emotionen und zünden ein Leuchtfeuer im Gedächtnisspeicher.
Notizbücher helfen nicht nur als Erinnerungsstützen, sondern stärken die Gedächtnisfähigkeit, da ihre Inhalte mit der Hand geschrieben werden. Zugleich erhöht die manuelle Tätigkeit die Vorstellungskraft und macht uns kreativer.
Ein auch alltagstauglicher Weg, den Flug der Zeit zu bremsen, ist mehr Achtsamkeit – für sich selbst und die Welt ringsherum. Auch hier empfehlen sich Notizbücher als treue Begleiter.
In stressgeplagten Zeiten mangelt es nicht an Angeboten, abhanden gekommene Achtsamkeit zu trainieren bzw. zu fördern. Ob Atemübungen, Entspannungsyoga oder Feldenkrais – sie alle verfolgen das Ziel, die Teilnehmer wieder für die Wahrnehmung ihres Körpers zu sensibilisieren und einen Gang zurückzuschalten, um wieder bei sich ankommen zu können. (Halten Sie Ihre Fortschritte in einem Notizbuch fest – das motiviert!)
Als besonders wirksam gilt auch aus Sicht der Hirnforschung die Meditation.
Ihre positiven Auswirkungen wurden mittlerweile von verschiedenen Neuro-Studien bestätigt und umfassen u.a.
Doch Meditation will gelernt werden – gerade, wenn man immer unter Strom steht.
Die Grundübung: Entspannt in guter Haltung sitzen, Augen schließen und die Gedanken wie Wolken vorbeiziehen lassen ... Wie lange halten Sie durch?
Am Anfang hilft es, sich auf entspannte Atemzüge zu konzentrieren oder bis Hundert zu zählen. Dann wieder versuchen, die Gedanken loszulassen – der eigentliche Zweck der Übung.
Schafft man es, den Kopf leer zu machen, dehnt sich wiederum die
Zeit – zu einer kleinen Ewigkeit! Auch eine positive Auswirkung der Meditation.
Doch man muss kein Ooohhmmm-Fan sein, um in den Genuss erfüllter Zeit zu kommen, die auch im Rückblick mehr Raum einnimmt als die täglichen Routinen.
Es reicht schon, zwischendurch wieder mit den Augen eines Kindes durch die Welt zu gehen: neugierig, offen für neue Eindrücke und Erlebnisse, nicht starr auf ein Ziel fixiert, sondern mit wachem Blick. So verwandeln sich selbst eingetretene Pfade in ein Erlebnis, das auch in der Erinnerung inspirierenden Raum einnimmt.
Je weiter sich die 24/7-Welt ausdehnt, desto größer wird die Sehnsucht nach Ruhe-Inseln. Einer der Kerngründe, warum Print-Produkte wieder gefragter sind denn je, auch Kalender und Notizbücher. Ihr neuer Trendbegriff: Slow Media.
Zum Thema Vorzüge gedruckter Bücher listet das Frankfurter Zukunftsinstitut u.a. auf: Qualität, hochmobil, können auf Akkus und Internetzugang verzichten. Weiter:
„Ob Buch oder Magazin, Zeitung oder Brief – alle besitzen sie einen emotionalen Wert. Sie sind an ein haptisches und damit sinnliches Erlebnis gekoppelt. ‚Paper is flesh, screen is metal’“, wird der Medienkritiker und Publizist Alessandro Ludovico zitiert.
Das gilt auch für die haptischen, immer greif- und nutzbaren Notizbücher. Je mehr Ideen, Erinnerungen, Skizzen sie bündeln, desto größer die emotionale Bindung des Nutzers. Noch befeuert von den kleinen Auszeiten, in denen wir uns sammeln, konzentrieren oder auch kreativ austoben können.
Sie klingeln und piepen nicht. Sie sind geduldig und vergessen nichts. Helfen uns, Struktur und Überblick zu wahren – alles sicher abzulegen, was sich in der digitalen Sphären verflüchtigen könnte.
Statt Programmfunktionen zu bedienen, können wir schalten und walten, wie wir wollen. Statt hektisch über Screens zu wischen oder Tasten zu drücken, bewegen wir uns intuitiv im Blättermodus zurück und vor in der Zeit, immer wieder verführt zu verweilen und den Augenblick zu genießen.
Die AG Zukunft wünscht Ihnen einen guten Start ins neue Kalenderjahr!
Autor: Richard Kastner
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