Mailings aus Papier verbinden sich auf ganz besondere Weise mit unserem Gehirn, wie eine von der US-Post durchgeführte Studie jüngst unter Beweis stellte. So aktiviert ein ansprechender Briefumschlag nicht nur unsere Hände, sondern auch das Striatum, also den Teil unseres Gehirns, der für das Verlangen und die Einschätzung zuständig ist.
Das überrascht nicht, denn schließlich ist ein hochwertiges Papierprodukt eine haptischer Anker in der unaufhaltsamen Datenflut des 21. Jahrhunderts. Ständig sind wir „on“, checken E-Mails, lesen News auf unseren mobilen Endgeräten und schauen YouTube-Videos. Auf der Strecke bleibt so manches, nicht zuletzt das Zusammenspiel unserer Sinne.
Das Medium Print gehört also nicht der Vergangenheit an, auch 2015 und die nächsten Jahre nicht. Dies belegt nun eine weitere Studie, die von der kanadischen Post in Auftrag gegeben und von der kanadischen Neuromarketing-Agentur TrueImpact durchgeführt wurde.
Die Methoden: Eye-Tracking, EEG und Interviews. Mithilfe dieser Instrumente wurden vor allem drei Fragestellungen unter die Lupe genommen: Wie gut werden die ausgeteilten Mailings verstanden? Sind sie überzeugend? Wie lange werden die Mailings begutachtet?
Die Ergebnisse sprechen für den Werkstoff Papier. So verlangt ein
haptisches Printmailing seinem Leser etwa 21% weniger kognitiven Aufwand ab. Eine günstige Eigenschaft, denn wer will in Zeiten der Hektik und der Reizüberflutung schon Hirnschmalz für Werbebotschaften aufwenden? Längst ist unsere normale Reaktion auf Werbung: Ausblenden, Reaktanz.
Werbung aus Papier aber wird schneller wahrgenommen, da leichter zu verstehen. Auch verankert sie sich dauerhafter im Kopf des Empfängers. Diese Langfristigkeit sucht man vor allem beim Online-Äquivalent vergeblich. Ganze 75% konnten sich nach dem Lesen der Mailings an die dazugehörigen Marken erinnern – bei der digitalen Werbung waren es gerade einmal 44%.
Im Vergleich besonders stark: Briefumschläge, die mit einer leichten Duftnote versehen waren, dicht gefolgt von dreidimensionalen Mailings. Multisensorische Ansätze belegen also nach wie vor die Spitzenplätze. Platz Nummer drei belegen die einfachen Mailings, Platz Nummer vier wird von dreidimensionalen Botschaften mit Sound bekleidet.
Auf Platz fünf taucht erstmals ein digitaler Vertreter auf: der Posteingang auf dem Smartphone. Den traurigen letzten Platz belegen Laptop-Banner, die schon unerwünscht waren, als sie vor etwa 15 Jahren massentauglich wurden.
Interessant ist auch der Vergleich zwischen Papiermailing und
Smartphone-Ad. Wurden die Werbebotschaften bei der Studie der US-Post noch auf großen Bildschirmen dargestellt, berücksichtigt die kanadische Variante auch die kleineren Geräte und weist eindrucksvoll nach, dass selbst die handlichen Smartphones nicht mit dem altbewährten Werkstoff mithalten können.
Die Studie der kanadischen Post spricht eine eindeutige Sprache: Reizüberflutung überfordert die Konsumenten und teuer bezahlte Werbung erreicht die gewünschten Empfänger nur zu Bruchteilen. Streuverluste von inakzeptablem Ausmaß. Aber nicht weiter verwunderlich, schließlich leben wir im Kommunikationssternzeichen des Adblockers.
Die Lösung kann also nur lauten: Wertige Werbung für wertige Produkte. Wer als Anbieter nicht planlos die digitale Datenflut anheizen möchte, sollte potentielle Kunden auf multisensorische Art davon überzeugen, wovon er als Hersteller ohnehin selbst überzeugt sein sollte: Unser Produkt ist es wert!
Autor: Richard Kastner
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