„Ich bleibe lieber analog, danke“
Wir leben in einer Übergangszeit, keine Frage. Schwer auszuloten, wann und wo die allumfängliche Drift, auf die wir uns technisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich begeben haben, wieder einmal in verfestigtere Strukturen einmündet.
Bis dahin ist es ein vermutlich noch weiter Weg. Gut möglich, dass dies eine Generationen-übergreifende Aufgabe sein wird. Fast alles steht inzwischen in Frage. Sogar unsere Verabredung der Realität, an der wir alle teilhaben, wackelt. „Alternative Realitäten“, diesen Begriff hat der US-amerikanische Präsident Donald Trump in polemischer Absicht kreiert und ihn tatsächlich in unserem Sprachgebrauch installieren können.
Und dennoch scheint es, als wären bestimmte Bereiche des Wandels auserzählt. Viel Rauch um nichts, so mag sich so mancher denken, wenn er die technischen Gadgets und Spielereien betrachtet, mit
denen analogen Gegenständen eine digitale Nabelschnur zur Cloud implementiert werden soll(te).
Hier scheint sich zumindest der Nebel zu lichten und so etwas wie „Sein oder Disruption“ freizugeben. Nehmen wir als Beispiel das gute, analoge Notizbuch. Oft totgesagt, abgeschrieben, verlästert, hat es längst schon wieder fröhliche Urständ‘ gefeiert.
Als hipp und cool darf es wieder gelten. Smartness hingegen ist seine Sache eher nicht, wie es Malena Ruder, ihre Zeichens Redaktionsleiterin des Magazin Z der NZZ am Sonntag, mit ihrem Resümee „Ich bleibe lieber analog, danke“ auf den haptischen Punkt bringt.
Gemeint sind die technisch-digitalen Aufrüstungen eines grundsoliden physischen Alltagsbegleiters wie des
Notizbuches, die in der Summe nicht über einen gewissen Funfaktor hinauskommen. So lautet das Fazit zum - kostspieligen - „Smart Pen“ eines Markenproduzenten, mit denen dieser die Kompatibilität eines Notizbuches mit Smart Devices gewährleisten möchte.
Die eher minimalistische Bilanz der Journalistin nach einem engagierten wie ernüchternden Praxistest: „Das macht Spass. Bringt mich in meinem Leben aber nicht weiter.“ Und genau diese Conclusio scheint sich zumindest beim Genre der haptischen Notizbücher zu einer der inzwischen raren (und auch neuen) Gewissheiten zu verdichten:
Ein Notizbuch bleibt ein Notizbuch. Ganz oder gar nicht. Haptisch oder Cloud, zwischen diesen beiden Polen wird das Hybride aufgesogen. In hybriden Zeiten lernt der Mensch das Eindeutige lieben.
Autor: Richard Kastner
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