Das Bestreben, unsere Bäume zu schützen, hat einen Siegelwald sondergleichen hervorgerufen. Dabei muss aber stets trennscharf differenziert werden, denn Siegel ist nicht gleich Siegel - vor allem dann, wenn der Begriff Nachhaltigkeit ins Spiel kommt. Dieser beinhaltet per Definition nämlich nicht nur den Schutz unserer Umwelt, sondern auch ökonomischen Erfolg und soziales Unternehmertum.
Aqua Pro Natura und Weltpark Tropenwald gehören zu den alteingesessensten Siegeln der Papierbranche.
Ersteres soll die Schonung unseres Wassers suggerieren, indem es darauf hinweist, dass das gelabelte Produkt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff besteht. Die chlorfreie Bleichung des Zellstoffs ist bei der Papierherstellung allerdings ohnehin zum Standard avanciert.
Das Siegel "Weltpark Tropenwald" schließt hingegen Hölzer aus den Tropen aus, die in den meisten Fällen aber sowieso nicht verwendet werden. Hier gilt es zu unterscheiden, denn "Tropen" ist kein Synonym für "Urwald".
Das bedeutet, dass das Papier für "Weltpark Tropenwald"-zertifizierte Produkte durchaus aus den gemäßigten Regenwäldern stammen darf.
Beiden Siegeln ist gemein, dass sie keinerlei Verwendung von Recyclingmaterial vorsehen und die Herstellung aus Primärfasern zulassen. Das Siegel selbst basiert auf einer freiwilligen Selbstverpflichtung und erfährt seine Kontrolle durch den Verband der Lernmittelhersteller. Eine unabhängige Kontrolle durch externe Prüfer gibt es nicht.
Ebenfalls verwirrend: die Bezeichnung holzfrei. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine ökologische Angabe oder ein Nachhaltigkeitssiegel, sondern um ein Qualitätsmerkmal. "Holzfreies" Papier besteht nämlich zu 100% aus Holz, enthält aber keinen Holzstoff. Dadurch vergilbt das Papier weniger stark.
Von geringerem Wert ist auch das PEFC-Siegel (Pan European Forest Certification). Das Label wurde von europäischen Waldbesitzern und Vertretern der Holzwirtschaft entwickelt, weist allerdings schwache Kriterien auf.
So dürfen Urwälder abgeholzt werden und auch das umweltschädliche Bleichen des Zellstoffs ist erlaubt.
Recyclingmaterial ist nicht vorgesehen.
Nach dieser kurzen Negativexkursion stellt sich nun die berechtigte Frage: Welches Label ist denn überhaupt brauchbar? Zum Einstieg in die Welt der nachhaltigen Papierherstellung kann das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council) dienen, das es gleich in dreifacher Ausführung gibt: FSC - 100%, FSC - Recycling und FSC - Mix.
FSC - Mix ist die häufigste Variante, weil sie zugleich die anspruchsloseste ist. Gelabelte Produkte müssen mindestens 10% FSC-zertifizierte Faser beinhalten und mindestens zu 70% aus FSC-Faser und/oder Recyclingfaser bestehen. Die restlichen 30% dürfen aus nicht FSC-zertifizierter Faser bestehen.
Das Siegel FSC - Recycled sieht eine vollständige Wiederaufbereitung von Recyclingmaterial vor, so dass keine Primärfasern verwendet werden dürfen. Einige Faktoren der Produktion werden aber nicht berücksichtigt. So gibt es beispielsweise keine Vorgaben für die Nutzung von Chemikalien, keine Kontrollen bezüglich der Normeinhaltung und keinen Qualitätsanspruch.
FSC - 100%-zertifizierte Produkte müssen zu 100% aus FSC-zertifizierten Primärfasern bestehen. Nun ist zu beachten, dass FSC-zertifizierte Produkte nicht nur an Standards des Umweltschutzes gemessen werden, sondern auch an Kriterien der Nachhaltigkeit. So unterliegt die Waldbewirtschaftung nicht nur ökologischen, sondern auch ökonomischen und sozialen Bestimmungen.
Doch die FSC-Labelung hat auch noch Luft nach oben, da das Label zwar viele Faktoren berücksichtigt, einige aber auch nicht. Die Ansprüche an die gelabelten Produkte beziehen sich demnach vor allem auf die zugrunde liegende Forstwirtschaft, nicht aber auf die Herstellungsverfahren, obschon sie den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügen müssen.
Deshalb gilt es, die nächsten zwei Siegel besonders hervorzuheben.
Das erste: ÖKOPAplus. Papier, das mit diesem Label zertifiziert ist, besteht zu 100% aus Altpapier. Das Siegel selbst wurde in Kooperation mit Greenpeace entwickelt und nimmt nicht nur Rücksicht auf den Werkstoff als solchen, sondern auch auf das Herstellungsverfahren.
So wird im Gegensatz zu herkömmlichen Recyclingpapieren weder mit Druckerfarbenentfer-nung noch mit Bleiche gearbeitet. Darüber hinaus erfüllt ÖKOPAplus-zertifiziertes Papier alle Qualitätsansprüche und wurde bereits 1995 mit dem Stiftung Warentest-Urteil "gut" ausgezeichnet. Abweichungen zu Standardpapieren konnten bezüglich seiner Beschreibbarkeit und Kontrastfähigkeit nicht festgestellt werden. Somit ist das ÖKOPAplus-Siegel sehr empfehlenswert.
Ebenfalls hochwertig: der Blaue Engel, das älteste aller Umweltzeichen. Mit dem Blauen Engel ausgezeichnete Papierprodukte bestehen immer zu 100% aus Recyclingmaterial. Auch für die Herstellung an sich ist gesorgt: Es dürfen weder Chlor noch schwer abbaubare Stoffe benutzt werden.
So sind umweltbelastende, krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe genauso wenig erlaubt wie halogenierte Bleichchemikalien und EDTA.
Des Weiteren beinhaltet eine Zertifizierung auch den sparsamen Umgang mit Rohstoffen, einen geringen Energieverbrauch während der Produktion und eine umweltgerechte Entsorgung. Somit ist auch der Blaue Engel für Papierprodukte äußerst empfehlenswert.
Die Irreführung von Verbrauchern, die sich für nachhaltige Produkte interessieren, ist mittlerweile so weit verbreitet, dass es sogar einen eigenen Begriff für das Phänomen gibt: Greenwashing.
Um Greenwashing zu vermeiden, müssen wir Siegel hinterfragen, Unternehmen auf die Probe stellen und Eigenschaften abwägen. Nur so gestalten wir mit hochwertigen Produkten eine grünere Zukunft.
Klar ist aber auch, dass hochwertige Umweltprodukte ihren Preis haben. Für eine grünere Zukunft ist Geiz nicht geil.
Autorin: Sabine Wegner
Erfahren Sie mehr: