Sie wundern sich? Kalender im Gefängnis? Schon klar, die Damen und Herren hinter Schwedischen Gardinen werden wohl kaum fröhlich ihre Smartphones konsultieren können. Und beim Zeitzählen respektive dem Runterzählen der noch verbleibenden Tage mit gesiebter Luft denken die meisten von uns an das Bild aus vielen einschlägigen Filmen: die schräg durchgestrichenen senkrechten Striche an der Zellenwand im Fünferpack.

 

Aus den Niederlanden aber kommt tatsächlich eine Kalenderidee, die es in sich hat. Pures Dynamit. Nicht im ausbrauchstechnischen Sinne, sondern als gesellschaftspolitischer Sprengsatz. Für die einen ist es so etwas wie ein Best Case, für Kritiker hingegen ein Worst Case-Szenario. Dabei geht es eigentlich um Cold Case.

 

Ein Kalender für die Erinnerung

 

Sie schütteln den Kopf? Hier kommt die Auflösung: zwei niederländische Kriminalbeamte haben einen haptischen Kalender für ihre Klientel entwickelt – die eingebuchtete, versteht sich. Einen Kalender für die Erinnerung. Inhalt: ungelöste Kriminalfälle, die zum Teil schon Jahre zurückliegen und deren Spuren damit kalt geworden sind. Cold Cases eben. Kennt jedes Land zuhauf.

 

 

Nun ist es aber so, dass sich die kriminaltechnologischen Methoden gegenüber den Tatjahren zum Teil fulminant weiter entwickelt haben. Man denke nur an die DNA-Analyse. Andererseits ist auch die straffällig gewordene Gesellschaft eine Wissensgesellschaft. An ihr partizipieren freilich nur “Insider”, die anderen (z.B. Strafverfolgungsbeamte) bleiben außen vor. Das Schweigekartell, “muro di silenzio”, die “omerta”, Endstation aller Nachforschungen an der Mauer des Schweigens.

 

Eine haptische Brücke über die Mauer des Schweigens

 

Auf geradezu pfiffige Weise haben die beiden tüftelnden Beamte aus unserem Nachbarland eine haptische Brücke über diese Mauer geschlagen und so bereits wiederholt altes Wissen aufklärerisch anzapfen können. Kreiert haben sie ein handliches Ringbuch, das auf Wochenblättern ungelöste Fälle präsentiert. Woche für Woche, 51 an der Zahl.

 

Eine Verbrechensbibel für die Zelle, Aktenzeichen XY zum Anfassen, im Zwiegespräch mit Eduard Zimmermann. Mit messbarer Wirkung: Seit dem Start im Januar in 5 niederländischen Gefängnissen

haben die Behörden binnen 6 Monaten bereits doppelt so viele Hinweise wie sonst im ganzen Jahr

 

 

erhalten, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

 

Kritiker sehen den aufklärerischen Effekt eher im Belohnungssystem verankert: So bringt die Aufklärung eines Vermisstenfalls 10.000 Euro, ein aufgeklärter Mord spült 15 000 Euro an Belohnung in die Kasse, und war’s ein besonders fieser Mord, sind sogar 20.000 Euro drin.

 

Jenseits der Böse-Bubenwelt

 

Allerdings argumentieren die Skeptiker nur bedingt stichhaltig: Die Fälle sind auch Online für jedermann einsehbar, das ausgelobte Belohnungssystem gilt auch für unbescholtene Bürger. Der Unterschied beruht auf zwei entscheidenen Faktoren: Insiderwissen und die Möglichkeit, die Verbrechensfibel anzufassen, darin zu blättern, Bilder und Informationen mit den eigenen Gedächtnisinhalten zu verknüpfen.

 

Nur was ich berühren kann, berührt mich auch. Und das Schöne daran: Das funktioniert auch jenseits der Böse-Bubenwelt, zum Beispiel im Marketing.

 

Wie genau, das wissen die Kalender- und Notizbuch-Spezialisten der AG Zukunft.

 

 

Autor: Richard Kastner

 

 

Erfahren Sie mehr:

Copyright © 2020 AG ZUKUNFT    [Impressum]