„Extrablatt, Extrablatt“, schallt es aus dem Fernseher. Die Zeiten, in denen Zeitungsjungen Tageszeitungen per Zuruf an Mann oder Frau brachten, sind längst Vergangenheit. Ja, sogar die Zeitung selbst wirkt oftmals wie ein Relikt vergangener Tage – wie ein Dinosaurier, der von der endlosen Datenflut aus Smartphones und Tablet-PCs hinweg gespült zu werden scheint.
Das Medium Print ist aber nicht tot, sondern es erfindet sich neu. Dieser Meinung ist auch Papierenthusiast und Verleger Gerhard Steidl, der jüngst in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte, wie der Markt für Gedrucktes zukünftig aussehen könnte, was den Werkstoff Papier für ihn so besonders macht und wieso digitale Helfer uns auf Dauer nicht befriedigen.
Gerhard Steidl ist nicht nur der Verleger von Karl Lagerfeld, sondern auch der des Nobelpreisträgers Günter Grass. Das Credo des 64-jährigen: „Print is not dead“. Steidl ist sich sicher: „Es gibt eine regelrechte Gier nach Papier“.
Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da, veröffentlichen doch
unzählige Verlage erfolgreiche gedruckte Magazine wie zum Beispiel LandLust oder das Wirtschaftsmagazin Enorm – Magazine, die sich durch ihre Zeitlosigkeit auszeichnen.
Steidl schreibt aber nicht nur dem Inhalt, sondern auch dem Werkstoff Chancen zu: „Vielleicht besteht ein Modell zum Überleben darin, dass man auf gutes Papier achtet, dass man ein Produkt ausliefert, das schön bedruckt ist, und das man ein bisschen länger aufheben will als nur für ein Wochenende“.
Die Anziehungskraft eines digitalen Bildes bezeichnet Seidl als Fastfood. Ein digitales Bild sehe immer attraktiv aus, ob im Sonnenlicht oder im Dunkeln. „Auf Drucksachen muss man sich einlassen“, so der Göttinger.
Auch für den Trend zum matten Druck hat der Verleger eine Antwort: „Wenn Sie sich ein Bild auf dem iPad anschauen, haben Sie immer eine glänzende Oberfläche. Warum soll ich dann meine Sachen auch noch auf etwas Glänzendes drucken? Außerdem ist die Haptik viel angenehmer“.
War die Tageszeitung früher noch
ein Massenmedium, dem sich niemand so recht entziehen konnte, verkommt sie heute zum Nischenprodukt. Vertraut man Steidl, handelt es sich dabei nur um eine Verschiebung der Mediennutzung - um einen Wandel des Journalismus: „Das Massenprodukt wird digital konsumiert, gut“.
Für die Zukunft des Mediums Papier brauche es vor allem Qualitätsmodelle. Hohe Preise nimmt Steidl in Kauf, wehrt sich aber dagegen, eine Elite begründen zu wollen. Er spricht lieber von einem analogen Lifestyle: „Die Besonderheit eines physischen Gegenstandes zu entdecken, liefert auch Lebensqualität. Vielleicht muss man auch in Ihrem Bereich eine solche Nische für das physische Objekt Zeitung finden, die es begehrenswert macht. Für mich jedenfalls wären zwei Dinge existenzbedrohend: Wenn der Karstadt da vorn an der Ecke schließen würde, in dem ich seit Kindesbeinen alles kriege, was ich brauche, und das zweite ist, wenn es keine Zeitungen mehr gäbe.“
Autorin: Sabine Wegner
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