Erinnern Sie sich ans letzte Familientreffen? Haben Sie gemeinsame Erlebnisse wieder aufleben lassen? Wie lange hat es gedauert, bis z.B. Vater zur Mutter sagte: „Das habe ich aber anders in Erinnerung ...“?

 

In Teil 1 dieses Blogs zur Bedeutung von Kalendern und Notizbüchern für die Individualität haben wir skizziert, wie wichtig das Gedächtnis ist, um auch die eigene Lebensgeschichte zu speichern, mithin ein Bewusstsein für die eigene Individualität zu entwickeln. Die Bedeutung von Notizbüchern und Kalendern lässt sich in diesem Zusammenhang kaum überschätzen, wie der Boom haptischer Reminder unterfüttert.

 

Dabei können wir allerdings nicht auf ein zentrales Archiv für die Ewigkeit zurückgreifen. Das Gedächtnis ist im Gegenteil ein komplexes Netzwerk mit vielen spezialisierten Arealen, die zusammenarbeiten, um Muster zu bilden, die ebenfalls keine Konstanten darstellen, sondern sich mit jeder neuen Erfahrung verändern können.

 

Das selektive Gedächtnis

 

Bereits im Alter von drei Jahren beginnen wir, bewusst Erlebtes abzuspeichern. Kein objektiver Prozess, sondern immer von selektiver Wahrnehmung und subjektiver Sicht der Dinge geleitet.

 

Realitätsgetreue Speicherung ist eine Illusion. Erinnerungsplätze sind reserviert für das, was das Gehirn schon unbewusst als wichtig bewertet, dabei gehen Einzelheiten unter, Abläufe werden variiert usw. „Es wird daher nichts genau so erinnert, wie es wirklich war,“ bilanziert die Neurobiologin Prof. Hannah Monyer von der Universität Heidelberg.

 

Da die Prioritäten abhängig von der persönlichen Sicht der Dinge variieren, entstehen auch individuelle Erinnerungspäckchen. Typisches Beispiel sind differierende Zeugenaussagen.

 

Wie die Rechtpsychologin Julia Shaw erläutert: „Das Gedächtnis speichert nur die grobe Linie, die vielen Details einer Szene werden jedes Mal neu plausibel dazu fantasiert. Dabei vermischt sich das Vergangene mit neuen Erfahrungen. Jedes Aufrufen verändert deshalb eine Erinnerung.“

 

Auch die an Etappen der eigenen Lebensgeschichte: Das Gedächtnis bastelt eine Biographie aus fragmentarischen Bausteinen, die kontinuierlich neu interpretiert, um- und überschrieben werden.

 

Ohne Emotion keine Erinnerung

 

Wie auch bei der bewussten Wahrnehmung ist für den Empfänger persönliche Relevanz, verknüpft mit Emotion, entscheidend für die Aktivierung

der millionenschweren Neuronenverbände.

 

Während der Hippocampus blitzschnell und weitgehend unbewusst alle anlandenden sensorischen Informationen verarbeitet, bewertet die Amygdala ihren emotionalen Gehalt. Dabei gilt: Je mehr Sinne bei der Wahrnehmung angesprochen werden, desto intensiver das emotionale Feedback.

 

Die Forscher gehen davon aus, dass der Weg vom Kurzzeitgedächtnis, das nur ein paar Sekunden bis hin zu einigen Minuten aktiv ist, ins Langzeitgedächtnis über Emotionen führt – je mehr davon, desto wahrscheinlicher die Speicherung und desto leichter das spätere Abrufen.

 

Hauptsache, die Geschichte ist schlüssig

 

Der Hippocampus übernimmt gleichzeitig die Regie über die Erinnerungsbruchstücke – sein Ziel: eine schlüssige Geschichte, insbesondere auch wenn es um die eigene Biographie geht.

 

So kommt es dazu, dass Fakten verdreht und Erlebnisse passend interpretiert werden, wichtige Details ausgelassen und andere ausgeschmückt werden. Aus psychologischer Sicht eine der Hauptmotivationen: Wir bevorzugen den positiven Rückblick sowohl auf eigene Handlungen als auch nahe stehende Menschen.

 

Anders formuliert: Der Hippocampus liebt Heldengeschichten.

 

Gegenstände als externe Speicher

 

Wie sehr verlassen Sie sich auf Ihr Gedächtnis? Einerseits ist es essentiell für unsere Persönlichkeit und die erfolgreiche Bewältigung des Alltags, andererseits wissen wir schon aus Erfahrung, Erinnerungen sind trügerisch und die Abrufkapazitäten begrenzt. Ein Stressmoment, und schon tappt man im Dunklen und fahndet erfolglos z.B. nach dem Namen dieser Schauspielerin, deren Gesicht schon zig Mal über den Bildschirm flimmerte.

 

Die Erkenntnis, wie wichtig Erinnerungsstützen für uns sind, reicht weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Zum klassischen Kanon zählen Dingsymbole, Reliquien, Souvenirs, handschriftliche Notizen, der Knoten im Tuch ... Psychologisch gesehen liegt hier auch der Boom haptischer Reminder begründet. Gegenstände funktionieren aufgrund der mit ihnen verknüpften Erinnerungen wie externe Gedächtnisspeicher.

 

Heute delegieren wir Erinnernswertes auch gerne an Smartphone & Co. Der Nachteil: Die Konzentrationsfähigkeit und

auch das Erinnerungsvermögen schrumpfen.

 

Studien zum Thema unterstreichen, dass Probanden Informationen wesentlich schneller vergessen, wenn sie in digitalen Geräten abgelegt wurden.

 

Denn die User verlassen sich auf die technischen Speicher und merken sich nur noch, wo die Info hinterlegt ist. Ein Phänomen, das die Forscher auf den Begriff „digitale Amnesie“ tauften.

 

Der Boom haptischer Reminder

 

Während u.a. Hirnforscher und Pädagogen die Auswirkungen des digitalen Hypes auf den Nachwuchs anmahnen, wächst seit vier, fünf Jahren auch der Komplementär- bzw. Gegentrend zu analogen Produkten – ein Thema, mit dem wir uns immer wieder schon in vorhergehenden Blogs beschäftigt haben, z.B. zum Comeback analoger Produkte.

 

Dazu zählt auch der ausgemachte Boom haptische Reminder, die angezogene Nachfrage nach handfesten Remindern vom Notizbuch bis zu haptischen Kalendern. Denn abgesehen davon, dass sie uns durch greifbare Formen und gelernte Muster mehr Sicherheit vermitteln, tatsächlich always on sind und wesentlich pflegeleichter, geben sie uns Erinnerungshilfen an die Hand, die nur bei Verlust versagen.

 

Darüber hinaus befriedigen sie das Bedürfnis, die flüchtige Dimension der Zeit und auch unsere Erinnerungen im Griff zu halten, statt sie abstrakten Sphären zu überantworten und dabei immer abhängiger von Tools zu werden, deren Technik nur eine Minderheit durchschaut.

 

Indem Kalender und Notizbücher unsere taktilen Talente in Form von Handschrift trainieren, fördern sie zudem das Erinnerungsver-mögen, wie mittlerweile diverse Studien bestätigen, weit mehr als das mechanische Bedienen von Tastaturen.

 

Im Ranking der beliebtesten Werbeartikel belegen Kalender, Notizbücher und auch Haftnotizen schon lange Platz 2. Denn (fast) jeder braucht sie und nutzt sie auch – teils mehrmals täglich, teils immer wieder.

 

Als Werbebotschafter mit nützlichem Mehrwert wecken die haptischen Erinnerungsstützen bei den Empfängern positive Emotionen, die auf den Absender übertragen werden. Damit schaffen sie es auch ins Langzeitgedächtnis und kommen unter allen Werbemedien mit 85 Prozent auf die höchste Reminderquote.

 

An welche Anzeigen, Werbespots, OnlineAds können Sie sich erinnern? Auch an den Absender?

 

Autor: Richard Kastner

 

 

 

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